Ausstellung im Museo de Arte Popular in Mexiko Stadt

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Zwei Jahre nach Erscheinen der Graphic Novel ‚Der Staub der Ahnen‘ und fast zehn Jahre nach Arbeitsbeginn an dem aufwändigen Buchprojekt kehrt der Berliner Künstler Felix Pestemer an den Ort zurück, der ihn damals zu seinem Comic-Album über den ‚Tag der Toten‘ und die Alltagskultur Mexikos inspirierte: Das Museo de Arte Popular (Museum für Volkskunst) im Herzen von Mexiko Stadt. Jetzt wird seiner Arbeit dort anlässlich des Día de Muertos, des größten mexikanischen Feiertages, eine große Sonderausstellung gewidmet.

Was hat ein deutscher Künstler in einem Museum für mexikanische Volkskunst verloren? Wer mit der Graphic Novel in der Hand durch die Hallen des Museo de Arte Popular (MAP) flaniert, findet bald Antwort: Tanzende Skelette, Masken, Votivbilder, Altar-Objekte, Scherenschnitte … Zahlreiche Details in den Illustrationen des Comics entstammen der Sammlung des MAP und sind von der reichen Alltagskultur Mexikos inspiriert. Sie geben der Erzählung über die Lebenden und die Toten einer Familie und ihre Verflechtungen weit über den Tod hinaus ein unverwechselbares Ambiente, in dem sich Felix Pestemer sichtlich wohl fühlt. Für ihn ist ‚Der Staub der Ahnen‘ eine Hommage an die Volkskunst und an die Kulturgeschichte Mexikos.

Neun Ausstellungen mit den großformatigen Original-Zeichnungen aus dem Buch gab es bislang in Europa zu sehen, und doch bietet die zehnte, die Sonderausstellung ‚El Polvo de los antepasados – Una novela gráfica sobre la muerte en México‘ im MAP, erstaunlich viel Neues: Neben mehr als 50 Original-Illustrationen, Skizzenbüchern und einem breiten Fundus an Quellenmaterialien wird erstmals auch der Animationsfilm ‚Peyotl‘ gezeigt. Motion Grafiker Max von Bock animierte dafür Bilder aus dem furiosen Finale von ‚Der Staub der Ahnen‘ – ein Drogenrausch, der den Betrachterin das Reich der Azteken entführt und von dort direkt ins Fegefeuer. Der Musiker Tim Kroker versah ‚Peyotl‘ mit Sound und eindringlicher elektronischer Musik. Die Sprecher Lino Santacruz Moctezuma und Fabián García Herrera liehen den Figuren Don Reyes und Juanito ihre Stimmen.

Im Ausstellungskatalog werden die Leser nicht nur die vollständige Graphic Novel in mexikanischer Mundart vorfinden, sondern obendrein einen ausführlichen Artikel von Co-Kurator Jurek Sehrt über den mexikanischen Totenkult und den Synkretismus von indigenen Religionen und Katholizismus als künstlerische Inspiration. Diverse Grafiken und Poster vorangegangener Ausstellungen Pestemers illustrieren den Text und offenbaren, dass die Bilderwelt um den ‚Tag der Toten‘ den Künstler noch weit über seine Graphic Novel hinaus in den Bann gezogen hat. Bei Pestemer wird die massive Symbolik des Magischen Realismus zugleich gefeiert und karikiert, werden plakative Motive in Kombination mit absurden Artefakten umgedeutet oder durch ein morbides Ambiente gebrochen.

Doch die Besucher der Ausstellung im MAP erwartet noch ein weiteres Highlight, denn die Auswahl der gezeigten Originale wurde aus gegebenem Anlass erweitert: Nur wenige Meter vom Museum entfernt befindet sich das berühmte Wandgemälde Una tarde dominical en la Alameda Central von Diego Rivera. Und inmitten der auf diesem Wandgemälde dargestellten Menschenmenge treffen wir auf eine der Hauptfiguren aus ‚Der Staub der Ahnen‘, ein kleines Mädchen namens Dolores mit ihrer Puppe, das sich im Buch beim Versteckspiel im benachbarten ‚Parque de la Alameda Central‘ durch eben jene Menschenmenge ihren Weg bahnt. Wer die Sequenzen aus dem Comic mit Riveras Bild vergleicht, stellt fest, dass offensichtlich nur wenige Sekunden zwischen den beiden Szenen liegen. (Diego Rivera tritt in diesem Rückblick ins Jahr 1937 selbst als „Komparse“ auf. Während er der Schauspielerin Maria Félix den Hof macht, trifft sich Ehefrau Frida Kahlo heimlich mit dem Exilanten Leo Trotzki.)

So oder ähnlich zieht sich das durch das ganze Buch: Orte, Personen, historische Fakten werden zitiert, Bräuche und Objekte aus verschiedenen Epochen und Regionen Mexikos in die fiktive Erzählung eingebaut. Felix Pestemer hat gründlich recherchiert und sich am Ende alle künstlerische Freiheiten genommen. Für die mexikanischen Besucher der Ausstellung gibt es so eine Menge Altbekanntes zu entdecken, das durch fremde Augen gesehen in ganz neuem Licht betrachtet werden kann.

Museo de Arte Popular
Temporäre Ausstellung
‚El polvo de los antepasados – Felix Pestemer‘
25. Oktober 2014 – 22. Februar 2015
Eröffnung: 25. Oktober 2014, 12 Uhr

Revillagigedo No.11 esq. Independencia
Centro Historico de la Ciudad de México

Plakat zur Ausstellung ‚El polvo de los antepasados – Felix Pestemer‘ (Layout: Alberto Palacios)